Event-Rückschau: Wie Verlagen die digitale Transformation in die Cloud gelingt

Am 05. und 06. Oktober 2022 lud Forward Publishing erstmals zum Treffen für Mitarbeitende der Verlagsbranche, aus dem Consulting und Technologiesektor. Die digitale Transformation und ihre Herausforderungen standen im Mittelpunkt: Wie können sich Verlage und Redaktionen kulturell, strategisch und technologisch stabil aufstellen, um den Shift von Print zu Digital erfolgreich zu bewältigen?

Über 60 Teilnehmende waren am Mittwoch und Donnerstag in der Event-Location Spielfeld in Berlin zugegen und erlebten Vorträge, Panel-Diskussionen und Präsentationen. Wir fassen die Programmpunkte zusammen.

Um einen Verlag zu verändern und den Wechsel von Print zu Digital zu fördern, reicht es nicht, einfach neue Technologien einzuführen. Die Kultur eines Verlags muss sich entsprechend anpassen und Mitarbeitende brauchen eine nachvollziehbare Vorstellung vom Ziel der internen Change-Prozesse.

Am ersten Tag des Events ging es um den dazu nötigen Kulturwandel: Die Transformation des Denkens von den eingefahrenen Strukturen der letzten Jahrzehnte hin zu einem dynamischen Prozess dauerhafter Veränderung.

Warum eine Digital-Mentalität in Verlagen für Gesellschaft und Demokratie entscheidend ist
Sascha Lobo

In einer mitreißenden Keynote zeigte Digitalexperte Sascha Lobo, warum es so wichtig ist, ein Gespür für digitale Veränderungen zu entwickeln: „Denn bevor wir überhaupt eine ‚neue‘ digitale Entwicklung durchdrungen haben, klingt diese bereits wieder ab.“

Stattdessen müssten Verlage versuchen, „diesen einen Datenstrom“ auszumachen, der es ermöglicht, als Vorreiter zu fungieren und sich auch künftig stabil aufzustellen. Verlage, Redaktionen und Zeitungen würden gebraucht: „Ohne euch ist eine Demokratie nicht denkbar“, stellte Lobo klar.

Verlagswesen im Wandel: Der Weg zur neuen Identität
Mario Goy, Transformation Manager, CORE SE
Maximilian Degenkolbe, Leiter digitale Newsprodukte Aschendorff Medien

Veränderte Kundennachfrage, verschärfter Wettbewerb und technologische Innovationen stellen auch etablierte Verlagshäuser vor Herausforderungen. Mario Goy zeigte Strategien für passende Modernisierungsmaßnahmen, die nicht nur technologische Schritte umfassen, sondern die Transformation zu einem modernen Medienunternehmen mit datengetriebenen B2C- und B2B-Angeboten ermöglichen.

Der Verlag Aschendorff Medien befindet sich bereits seit einiger Zeit in dieser Transformation. Die technologische Umsetzung der vorgestellten Strategie gelingt mit Forward Publishing. Maximilian Degenkolbe, der immer wieder Praxiserfahrungen in den Vortrag einbrachte, resümiert: „Wir sind kein einfacher Zeitungsverlag mehr, wir sind jetzt ein Medienhaus.“

Digitale Produktentwicklung mit Nutzerinnen im Mittelpunkt: Projekt „Profit Center Journalismus“ bei der Mittelbayerischen Zeitung
Anja Horn, Geschäftsführerin, Einhorn Solutions

Anja Horns Unternehmen Einhorn Solutions wurde 2021 vom Branchenmagazin kressPro als eine der Top-Designagenturen ausgezeichnet. In ihrem Vortrag berichtet sie über ihre Erfahrungen in der digitalen Transformation von Inhalten und Zielgruppen bei der Mittelbayerischen Zeitung. Ziel war es, mit digitalem Qualitätsjournalismus Leser:innen zu Abonnent:innen zu konvertieren.

Das erfordert einen grundlegenden Wandel des digitalen Erlösmodells: Die Nutzenden selbst stehen plötzlich im Mittelpunkt der Produktentwicklung. Aber wo befindet sich die Zielgruppe und welche Informationsbedürfnisse hat sie eigentlich? Aus den Ergebnissen wurden Lösungsansätze in Form von digitalen Content-Formaten gebildet, die auf die Regionalkompetenz des Verlags einzahlen.

Publishing Barometer 2022 - Zusammenfassung der Kernpunkte der Studie und anschließende Diskussion
Christopher Zippert - Marketing & Sales, Forward Publishing

Das „Digital News Publishing Barometer 2022” ist eine explorative und qualitative Untersuchung, die grundsätzliche Entwicklungen im deutschsprachigen News-Publishing-Markt aufdeckt. 18 Publishing-Expert:innen aus Verlagen und dem Verlagsumfeld beantworteten ein Leitfragen-gestütztes Interview zum digitalen Wandel im Verlagsgeschäft.

Auf dem Forward Publishing Event 2022 stellte Christopher Zippert die fünf Kern-Erkenntnisse der Studie vor, die zwar durchaus bekannt sind, aber bislang noch nicht in ein klar verständliches Gesamtbild gefasst wurden.

• Digitales Know-how muss ausgebaut werden
• Der Wille zu ständiger Veränderung ist unerlässlich
• Ein ganzheitlicher Ansatz in Strategie und Umsetzung ist notwendig
• Dauerhaftes, proaktives Mitdenken muss sich durch alle Bereiche des Verlags ziehen
• Ohne gute, kompetente Führung geht es nicht

Über diese Ergebnisse diskutierten Anja Horn, Maximilian Degenkolbe und Christopher Zippert mit unserer Moderatorin, Barbara Josef.

Technologie leistet einen wichtigen Beitrag zur Zukunftssicherheit von Verlagen. Alte, ineffiziente IT weicht modularer Software und Infrastrukturen, die sich leicht skalieren lassen. Am zweiten Tag des Events ging es um Lösungen für Verlage, Erfahrungsberichte und die Umsetzungsstärke, die aus der richtigen Auswertung von Daten resultiert.

Tool-driven Change: 5 Lektionen, wie ein technisches Projekt einen ganzen Newsroom veränderte
Ornella Giau, UX Designerin, Süddeutsche Zeitung
Hannes Vollmuth, Leitender Redakteur Digitalstrategie, Süddeutsche Zeitung

Was macht Technologie eigentlich aus einem Newsroom? Ornella Giau und Hannes Vollmuth brachten exklusive Einblicke in die große Redaktion der Süddeutschen Zeitung mit.

Warum ist es wichtig, die eigenen „Super-User“ zu finden? Die Kultur des „Mitnehmens“ findet hier direkt Anwendung: Mit klarer Kommunikation, verteilten Aufgaben und einigen Vorreitern in der Redaktion, die alle anderen unterstützen, wird der Change-Prozess zum Erfolg.     

Forward Publishing: Toolset für den zukunftssicheren, digitalen Newsroom
Netcetera, Livingdocs, Sternwald

Forward Publishing ist eine Cloud-Publishing-Infrastruktur für Zeitungsverlage und digitale Newsrooms. Als SaaS-Lösung für digitales Publishing umfasst sie Livingdocs (Editor/Headless-CMS), huGO+ (DAM/Print-Schnittstelle), eine Multisite-Ausspielungsschicht und weitere Best-of-Breed-Services aus einem umfassenden Partnernetzwerk. Hinter Forward Publishing stehen das Schweizer IT-Haus Netcetera als Generalunternehmer mit den Partnern Livingdocs und Sternwald.

Das Konzept und die Funktionsweise der Initiative wurde auf dem Event im Detail erläutert. Wie alles in einer großen Publishing-Infrastruktur zusammen funktioniert, zeigte eine Demonstration der Installation bei Bauer Media. Sternwald präsentierte zusätzliche Details des Digital Asset Managements huGo+ und Livingdocs erläuterte am Beispiel der NZZ, wie ein erfolgreicher Integrationsprozess in einem großen Verlag ablief.

Modularität als Flexibilitäts-Booster im Verlag
Robert Dönges, Partner & Integration Manager Desk-Net

Das neue Desk-Net war danach Thema auf der Bühne. Robert Dönges legte bei der Präsentation Wert auf die Schnittstellen-Flexibilität der Themenplanungssoftware: Nur als modulares, flexibles System ist Verlagssoftware zukunftsfähig.

Speed, Agility and Cost: Building a foundation for revenue growth through subscriptions and billing in an ever-changing landscape
Ana Lobb, VP Media & Publishing, Aptitude Software

Ana Lobb von Aptitude Software flog extra aus London ein, um einen Vortrag über Subscription-Management zu halten. Auch bei ihr stehen User im Mittelpunkt: Jede Leserin und jeder Leser ist verschieden und benötigt deshalb unterschiedliche Angebote und Ansprachen. Experimente sind ebenso wichtig, wie eine gute Datengrundlage, um Abonnent:innen langfristig zu halten.

Umsetzungsstärke als Zukunftsmotor für Verlage: Die Erkenntnisse aus dem DRIVE-Datenprojekt
Dr. Christoph Mayer, Geschäftsführer, SCHICKLER

Eine gute Datengrundlage für inhaltliche und strategische Entscheidungen ist essenziell. Das zeigte der Vortrag von SCHICKLER-Geschäftsführer Dr. Christoph Mayer eindrucksvoll. Denn viele Verlage, die glauben, sie arbeiten bereits „Digital First“ tun das gar nicht: Wann sind die Nutzer:innen besonders aktiv und sind die Redaktionsprozesse dementsprechend angepasst?

Oftmals – so zeigen die Daten des DRIVE-Projekts, an dem über 20 Verlage teilnehmen – ist Print weiterhin der Taktgeber und nicht der Digitalbereich. Auch die vorherrschenden Metriken, etwa Seitenaufrufe und Abonnements, sind selten zielführend: Das Engagement der Nutzer:innen, also die Zeit, die sie auf der Webseite verbringen, entscheidet über den Abschluss von Abonnements.

Deshalb ist „Media Time“, die kumulierte Zeit, die Nutzer:innen in den letzten sieben Tagen auf der Seite oder der App verbracht haben, viel aussagekräftiger. Daraus lassen sich sehr gut Vorhersagen zu möglichen Konversionen, aber auch bevorstehenden Kündigungen treffen.

Inhaltlich wurde der Bogen von der Breite in die Spitze geschlagen: Von den Auswirkungen mangelnder Digital-Mentalität auf die Gesellschaft über lokale Fallstudien und die Barometer-Studie bis hin zur Praxis und passenden Verlagslösungen war alles dabei. Die Gespräche in den Pausen sorgten für regen Austausch und gute Kontakte.

Wir freuen uns auf das nächste Event im Jahr 2023, eine neue Ausgabe des Digital News Publishing Barometers und hoffen, auch Sie begrüßen zu dürfen.