EPI und der digitale Euro

Stärkung des europäischen Zahlungsverkehrs

Mit der von Banken getragenen European Payment Initiative (EPI) und dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) angekündigten digitalen Euro gibt es zwei interessante Ansätze zur Stärkung des europäischen Zahlungsverkehrs. Was steckt hinter diesen beiden Initiativen? Wie weit sind sie inzwischen fortgeschritten? Stehen sie zueinander in Konkurrenz oder ergänzen sie sich? Antworten auf diese und weitere Fragen liefern Kurt Schmid, Marketing and Innovation Director Secure Digital Payments bei Netcetera, und Dr. Raoul Herborg, Business Lead Digital Currencies bei Giesecke+Devrient.

Die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank wollen in Europa entwickelte, wettbewerbsfähige Lösungen für digitales Bezahlen mit einer gesamteuropäischen Reichweite unterstützen. Bisher handelt es sich bei den Anbietern digitaler Zahlungslösungen mit globaler Bedeutung zum einen um amerikanische Konzerne, wie zum Beispiel Mastercard, Visa, Google, Apple oder Amazon, und zum anderen um chinesische Großunternehmen, wie Alipay. Zudem arbeitet die chinesische Zentralbank an einer digitalen Version ihrer Währung. Dem wollen die europäischen Institutionen eigenständige Lösungen entgegensetzen. Dies erscheint ihnen wichtig, um die wirtschaftliche und finanzielle Souveränität Europas nachhaltig zu stärken.

EPI: Einheitliche Lösung für alle Zahlungsanwendungen

Eine Motivation für die EPI ist es, für den Zahlungsverkehr so etwas auf die Beine zu stellen, wie es mit Airbus für die Luftfahrtindustrie gelungen ist: eine Lösung, die auf einer Kooperation von europäischen Banken und Zahlungsanbietern basiert.

Das Ziel der EPI ist es, eine einheitliche und innerhalb Europas gesteuerte und betriebene Zahlungslösung zu schaffen, die auch lokale Lösungen wie girocard oder Cartes Bancaires in ein Gesamtsystem integriert und so besser skalieren kann. Zu den Bausteinen sollen eine Zahlungskarte und eine digitale Wallet gehören. Es sollen alle Arten von Transaktionen in Geschäften, im E-Commerce, für Bargeldbezug sowie für Zahlungen zwischen einzelnen Personen (P2P) möglich sein. Clearing und Settlement sollen auf Basis von Instant Payment (SEPA Credit Transfer Inst, SCT Inst) erfolgen.

Sowohl für Händler als auch für Verbraucher soll die neue Zahlungslösung einfach und universell nutzbar und kostengünstig sein. Außerdem sind Zusatzservices denkbar, die über die reine Zahlungsfunktion hinausgehen.

Digitaler Euro: Ergänzung zum Bargeld

Alle Initiativen zur Entwicklung von digitalem Zentralbankgeld laufen unter dem Stichwort „Central Bank Digital Currency“ (CBDC).

Der digitale Euro soll im Prinzip so funktionieren wie Bargeld: Zugänglich für alle Verbraucher und Unternehmen. Eine weitere Parallelität zum Bargeld: Er soll von der Europäischen Zentralbank gemeinsam mit den nationalen Zentralbanken ausgegeben und sein Wert garantiert werden. Ein Ziel ist es, damit die Digitalisierung der europäischen Wirtschaft zu unterstützen.

Dr. Raoul Herborg

„Beim digitalen Euro geht es ausdrücklich nicht darum, so etwas wie die Kryptowährung Bitcoin zu schaffen.“

Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, geht davon aus, dass der digitale Euro in etwa vier Jahren starten könnte. Die Entscheidung über die weitere Entwicklung soll noch Mitte 2021 fallen. Die EZB will allerdings mit dem digitalen Euro nicht Scheine und Münzen ersetzen, sondern eine zusätzliche Zahlungsmöglichkeit schaffen.

Im Moment sind noch einige Fragen zu klären. Eine Herausforderung liegt zum Beispiel darin, eine Balance zwischen Datenschutz und Transparenz zu schaffen. Digitale Zahlungen sind in der Regel nachvollziehbar. Der digitale Euro soll aber auch Zahlungen erlauben, bei denen die Daten geschützt sind.

Bei anderen Punkten besteht bereits mehr Klarheit. So soll der Fokus beim Bezahlen liegen. Der digitale Euro soll – im Gegensatz zu Bargeld – nicht als Wertaufbewahrungsmittel dienen.

Er soll auf verschiedenen Geräten nutzbar sein, wobei hier vor allem an Smartphones gedacht ist. Möglich sind aber auch Chipkarten, Smartwatches oder intelligente Schlüsselanhänger.

Auch Offline-Zahlungen sollen möglich sein. Damit könnte der digitale Euro unabhängig davon funktionieren, ob eine Online-Verbindung möglich oder verfügbar ist.

Schließlich soll der digitale Euro von den bestehenden Banken und Finanzdienstleistern an Verbraucher und Unternehmen verteilt werden – so zumindest das wahrscheinlichste Szenario. Andernfalls müssten die Zentralbanken für jeden Interessenten ein eigenes Konto einrichten und pflegen.

Kurt Schmid

„EPI und der digitale Euro können sich gut gegenseitig ergänzen. Es liegt jetzt an den Akteuren in Europa, zusammenzuarbeiten und ihre Kräfte zu bündeln, um die Souveränität des europäischen Zahlungsverkehrs zu stärken.“

Unterschiedliche Stärken

Wenn man EPI und den digitalen Euro aus Sicht von Verbrauchern vergleicht, werden die unterschiedlichen Stärken der beiden Ansätze deutlich:

  • So lässt sich etwa bei EPI nachvollziehen, wer wann welchen Betrag an wen bezahlt hat. Dies ist bei privaten Zahlungen mit Bargeld oder digitalem Euro nicht möglich.
  • Die Lösung von EPI lässt sich auch – wie bisher Kreditkarten – als Garantie für Reservierungen nutzen. Dies funktioniert ebenfalls nicht mit dem digitalen Euro.
  • Zahlungen, die komplett offline erfolgen, sind bei EPI nicht vorgesehen, sollen aber mit dem digitalen Euro möglich sein.
  • Während es bei EPI keine Limits gibt, wird es beim digitalen Euro voraussichtlich Betragsobergrenzen für die Speicherung und einzelne Transaktionen geben.

Aus technischer und organisatorischer Sicht wird EPI einige Dinge regeln, an denen es beim digitalen Euro noch fehlt. Dazu gehören zum Beispiel Standards und Zertifizierungsmechanismen, Processing und weitere Infrastrukturen sowie ein Geschäftsmodell. So gesehen könnte der digitale Euro an EPI anknüpfen und dadurch sowohl Geld für Investitionen als auch Zeit für Entwicklungsarbeiten sparen.

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