Bargeld vs. Mobile Payment

Über die Zukunft des Zahlens

«Wie lange zahlen wir in Geschäften noch mit Bargeld?» Dies fragt sich das Schweizer Fachmagazin Marketing & Kommunikation und bittet Experten dazu Stellung zu nehmen. Reto Gross, Netceteras Associate Director Payment & Card Service, ist der Meinung, dass Bargeldzahlungen mittelfristig nicht aussterben werden. Die Industrie muss zuerst bargeldloses Zahlen sicherer machen, die Convenience verbessern und die Komplexität der Transaktion reduzieren.

These des Magazin MARKETING & KOMMUNIKATION:

Magere Zinsen und steigende Bankgebühren machen Bargeld wieder attraktiver. Cash wird noch lange das Standardzahlungsmittel an den Ladenkassen bleiben. An der E-Shop-Kasse sind und bleiben Kreditkarten das bevorzugte Zahlungsmittel. Eine Mobile-Payment-Lösung, die keine Nischenlösung bleiben will, muss drei Voraussetzungen erfüllen: 1. Sie funktioniert an jeder Ladenkasse so simpel wie Cash. 2. Sie basiert auf gängigen Kreditkarten. 3. Sie belohnt den Nutzer mit einem Mehrwert oder einem Kostenvorteil.

Kommentar von Reto Gross:

Sicherheit, Convenience, Durchgängigkeit im Einsatz und die Gewährleistung der Privatsphäre sind entscheidender als Zinsniveau und Gebühren. Relevante Innovationen müssen mindestens die Vorteile des Bargeldes abbilden. Im besten Fall schaffen sie zusätzlichen Nutzen für alle Beteiligten. Und gerade weil viele Payment-Innovationen diese Kriterien und somit die Bedürfnisse der Marktteilnehmer nicht ernst nehmen, wird sich Bargeld länger als beabsichtigt behaupten. Totgesagte leben eben doch länger – und trotzdem sind auch sie nicht unsterblich.

Apropos Totgesagte: Auch die seit Jahren totgesagte „Grand Old Payment Lady“ Kreditkarte ist im e-Commerce, im Mobile Payment und an der Ladenkasse noch nicht wegzudenken. Deren globale Erfolgstory ist nicht die Plastikarte an sich, sondern vielmehr die weltweite Standardisierung und Einigung auf wenige – hauptsächlich zwei – Anbieternetzwerke. Generell wünsche ich mir ein wenig mehr Phantasie, wenn wir von Zahlungsmitteln sprechen. Den Einsatzbereich auf POS-Zahlungen und e-Commerce zu reduzieren reicht nicht aus. Vielmehr geht es darum Zahlungsströme umfassend abzubilden, denn die Grenzen zwischen Banküberweisungen, Rechnungen per ESR, LSV oder Daueraufträgen zu begleichen oder eben den Bezahlvorgängen im eigentlichen Sinn, verschwinden zunehmend. Dies gilt auch für Mobile Payment. Obwohl das Mehrparteiensystem der Debit- und Kreditkartenanbieter anfällig auf höhere Gebühren ist, gewährleistet dieses grundsätzlich offene System, dass die Payment-Anbieter nicht proprietär agieren müssen.

Der Nutzer erwartet von seinem präferierten Zahlungsmittel nicht unbedingt einen Kostenvorteil, ist aber auch nicht bereit einen Zuschlag zu bezahlen. Der Mehrwert bildet sich aus einem durchgängig akzeptierten, funktionierenden und sicheren Standardzahlungsmittel, das ebenso schnell wie auch einfach genutzt werden kann. Schafft es die Industrie nicht, die Sicherheit zu erhöhen (zum Beispiel durch den Einsatz von biometrischer Erkennung), die Convenience zu verbessern (möglicherweise durch Wearables) und die Komplexität der Benutzeranmeldung, bzw. der eigentlichen Transaktionen, zu reduzieren, werden Bargeldzahlungen mittelfristig auch nicht aussterben.

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