Inseln plündern im eigenen Wohnzimmer

Mixed Reality 3D Action-Spiel

Mixed Reality kann verschiedene Bereiche des Berufslebens verbessern. Es kann den Ausbildungsprozess vereinfachen, indem Objekte und Prozesse in die echte Welt projiziert werden. Mixed Reality kann medizinisches Fachpersonal bei der sorgfältigen Planung von Arbeitsabläufen unterstützen. Es kann aber auch Wartungspersonal helfen, verschiedene Probleme leichter zu erkennen und zu lösen. Darüber hinaus ermöglicht Mixed Reality Verbesserungen im Unterhaltungssektor. Virtual Reality zählt heute zu den am häufigsten diskutierten Themen in der Spieleindustrie. Geräte wie PSVR, Oculus Rift, HTC Vive usw. bieten die Möglichkeit, virtuelle Welten im Wohnzimmer zu erleben. Doch wie der Name schon sagt, koppelt uns Virtual Reality von der echten Welt ab. Mit Mixed Reality dagegen können Sie virtuelle Spiele ganz einfach in die echte Welt mitnehmen. Dies ist die Geschichte über die Herausforderungen und Konzepte hinter unserem ersten Mixed-Reality-Spiel: Cubic Warfare.

Cubic Warfare ist ein 3D-Action-Game. Sie sind Kapitän eines Piratenschiffs und Ihr Ziel besteht darin, so schnell wie möglich Gebäude auf verschiedenen Inseln zu zerstören, um möglichst viele «Reals» zu sammeln. Dabei können Sie nur zum Spass für sich allein spielen oder Ihren Spielstand an Online-Ranglisten übermitteln und sich mit anderen Spielern messen.

Ursprünglich wurde Cubic Warfare als Gewinnspiel für eine unserer Firmenveranstaltungen konzipiert. Die Idee dahinter war, die Mitarbeitenden mithilfe eines einfachen Spiels gegeneinander antreten zu lassen. Die besten Spieler gewannen Preise. Damals war die HoloLens relativ neu, und wir wussten im Unternehmen noch nicht viel darüber. So ergab sich die Möglichkeit, dieses Spiel zu entwickeln.

Die ursprüngliche Version von Cubic Warfare kam sehr gut an, weshalb sie weiterentwickelt wurde und bei den Jazoon TechDays im April 2017 in Bern am Stand von Netcetera zum Einsatz kam. Für diese Veranstaltung wurden mehrere neue Levels geschaffen, die Möglichkeit zum Übermitteln von Spielständen an eine Rangliste wurde hinzugefügt, die Grafik verbessert usw. Das Spiel wurde sehr positiv aufgenommen und weckte das Interesse vieler Besucher. Wir beschlossen, es weiterzuentwickeln und dann einer breiten Masse zugänglich zu machen. Heute ist Cubic Warfare für alle kostenlos im Windows Store erhältlich.

Welche grösseren Herausforderungen stellten sich im Entwicklungsprozess?

Die HoloLens ist ein eigenständiges Mixed-Reality-Gerät. Das heisst, sie kommt ohne zusätzliche Hardware aus (wie ein PC, Smartphone oder ähnliches Gerät). Alle Sensoren, Prozessoren, Batterien usw. sind in der Brille verbaut. Das Headset ist leistungsstark genug, um komplexe Modelle darzustellen. Was der HoloLens aber nicht gelingt, sind komplexe physikalische Simulationen oder die Wiedergabe von Modellen mit hochwertigen Materialien und Beleuchtungen. Diese eingeschränkte Leistungsfähigkeit muss der Entwickler im Hinterkopf haben. Um die Modellkomplexität und die Zahl der verwendeten Polygone zu verringern, beschlossen wir, Modelle aus Würfeln – sogenannte Voxel-Modelle – zu verwenden. Modelle aus Würfeln können leicht zerstörbar gemacht werden, wenn die physikalischen Einstellungen richtig gesetzt sind. Einige unserer Voxel-Modelle sehen Sie in der folgenden Galerie.

Die nächste Herausforderung war die Skalierung. Bei der Spielentwicklung für die HoloLens darf man nicht vergessen, dass die Spielobjekte in der echten Welt platziert werden. Sie müssen also die richtige Grösse haben. Im folgenden Bild wird das Problem deutlich:

Cubic Warfare wurde mit Unity entwickelt. In Unity entspricht eine Einheit einem Meter in der echten Welt. Ein erstelltes Objekt musste also wirklich klein sein. Bei einem kleinen Objekt (vom Bild ~30 cm) muss ein einzelner Würfel des Modells noch kleiner sein (ca. 1 cm). Das führt in Unity bei physikalischen Simulationen zu Problemen. Wichtig ist ein Gleichgewicht zwischen der Präzision der physikalischen Berechnung und der Skala. Da die HoloLens nicht sehr leistungsstark ist, müssen die Berechnungen nicht so genau sein. Dies führt aber erneut zu Problemen (z. B. werden Kollisionen nicht erkannt). Wir mussten deshalb in der «Physics Engine» einige Einstellungen anpassen, um ein perfektes Gleichgewicht zwischen Simulationsgenauigkeit und Leistung zu finden (und ja, dazu waren auch einige Änderungen der Schwerkraft nötig).

Was die Physik betrifft, sollte an dieser Stelle auch die Festlegung der physikalischen Modelle der Gebäude erwähnt werden, die im Spiel zerstört werden. Jedes Gebäude besteht aus Würfeln. Alle diese Würfel sind unabhängige physikalische Objekte. Es kann aber auch vorkommen, dass ein Würfel nicht auf anderen Würfeln liegt, wie beispielsweise bei Balkons und Brücken. Um dieses Problem zu lösen, wurden die physikalischen Objekte mit Gelenken verbunden. Wirkt eine sehr grosse Kraft (beispielsweise eine Explosion) auf diese Verbindung, dann bricht sie. Dies ist im nachfolgenden Bild dargestellt:

Der in Magenta markierte Würfel liegt nicht auf einem anderen Würfel. Er ist über Gelenke mit den benachbarten Würfeln (orange) verbunden. Diese Verbindungsstruktur wurde für alle Würfel festgelegt, die auf keinem anderen Würfel liegen.

Eine weitere Herausforderung war das Menüsystem. Fast alle derzeit erhältlichen Anwendungen für Mixed-Reality-Geräte haben Menüs, die mit den flachen Standardmenüs in klassischen Anwendungen vergleichbar sind, wie wir sie auf PCs, Smartphones und sogar in Windows 10 für die HoloLens kennen. Dieses Konzept wollten wir ein bisschen weiter vorantreiben. Betrachten wir einmal das Startmenü (es werden nur Hologramme angezeigt, sodass das Bild deutlicher ist):

Sie sehen sofort, dass die verschiedenen Gruppen von Schiffen mit Comic-Sprechblasen versehen sind. Die Gruppe mit dem einzelnen Schiff (links im Bild) stellt das Menüelement für den Modus dar, in dem der Benutzer seinen Spielstand nicht an die Rangliste übermittelt. Die Gruppe mit den drei Schiffen (rechts im Bild) steht für den Modus, in dem der Benutzer seinen Spielstand übermittelt. Die naheliegende Frage lautet: Woran erkennt der Benutzer, dass ein Element hervorgehoben ist? Hierfür haben wir eine zusätzliche Comic-Sprechblase eingeführt, um die ausgewählte Option hervorzuheben. Dies ist im Bild unten dargestellt:

Die zusätzliche Sprechblase «Yeeey!» zeigt die ausgewählte Option an.

Ausserdem kann der Benutzer im Menü weitere Elemente auswählen, die aber nicht sofort hervorgehoben werden. Wenn alle Elemente Sprechblasen haben, wird die Benutzeroberfläche jedoch zu unübersichtlich. Daher haben wir uns entschieden, nur wichtige Elemente hervorzuheben. Die anderen sind leicht zu erkennen, wenn der Benutzer die Szene genauer betrachtet. Das Bild unten zeigt alle verfügbaren Elemente:

Anhand dieser Vorlage konnten wir die gesamte Benutzeroberfläche des Spiels so gestalten, dass Informationen für den Benutzer anhand der tatsächlichen 3D-Objekte vermittelt werden, ohne UI-/UX-Standardvorlagen verwenden zu müssen. Dadurch konnten wir den Benutzer etwas mehr in das Spiel einbinden.

Aber jetzt genug der Theorie. Wie wäre es mit einem Spielchen? Interesse? Sehen Sie sich folgendes Video an:

Wenn Sie ein kompatibles Gerät haben, können Sie Cubic Warfare noch heute kostenlos aus dem Windows Store herunterladen. Viel Spass!

Einen weiteren Artikel mit technischen Einblicken in die Entwicklung des Games finden Sie hier (in Englisch).

Kontaktieren Sie unseren Experten

Zdravko Nikolovski

Co-Head of Engineering

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